In Fielde Hanis
Nach der Fertigstellung des neuen Ferienhauses auf Eusiena Alpha hatten wir noch eine Weile die schöne Umgebung und die Ruhe dort genossen. Vor allem das angenehme Klima macht die Basis dort zu einem Ort, an dem man uneingeschränkt entspannen (um nicht zu sagen faulenzen) kann.
Rago war, als ich ihn 'adoptierte', Milly zunächst fast unsicher begegnet. Keine Ahnung, was seine Spezies über das mir mögliche hinaus wahrnehmen konnte, doch als Hologramm war Milly für die feinsten Sinnesorgane völlig neutral und das irritierte ihn. Da war kein Geruch, kein Geschmack, keine Aura – ein merkwürdiges Wesen. Aber inzwischen hatte er sich an sie gewöhnt und akzeptierte sie mit der gleicher Freundlichkeit und Sympathie wie mich.
Auf Eusiena Alpha streiften die Beiden oft durch das hohe grüne 'Gras' zwischen den Blumen und Bäumen. Ausgedehnte Wanderungen waren Milly leider nicht möglich, da der Bewegungsradius ihres holografischen Avatars durch die Reichweite des Schiffsteleporters begrenzt wurde. Dessen ungeachtet schien es ihr Freude zu machen. Kann eine KI Freunde empfinden? Ich behaupte, meine ja. Die Schöne und das Biest nannte ich sie grinsend in Gedanken.
Doch nun waren wir zurück in der Hauptbasis Fielde Hanis auf dem Planeten Date 32/I8. Alle Systeme dieser Basis funktionierten zwar vollautomatisch, dennoch wollte ich sie nicht für längere Zeit unbeaufsichtigt lassen.
Rago fühlte sich auch in Fielde Hanis wie zu Hause, denn er war von seiner Heimatwelt sporadische Regenschauer gewohnt, die auch hier ab und zu über das Gelände fegten. Dank einer neuen Technologie, die auf der Teleportertechnik beruhte, war es möglich, ihn auf meinen Reisen mitzunehmen. Ähnlich, wie bei einem Teleporter wurde er in Atome zerlegt, die in einem speziellen Gerät gespeichert wurden. Am Ziel konnte er aus diesem Zwischenspeicher wieder rematerialisiert werden. In einem relativ engen Jägercockpit wäre seine Begeleitung sonst nicht machbar gewesen.
Dieses Phänomen kennt wohl jeder: Kaum waren die Urlaubs- oder Ferientage vorüber, steckte man schon wieder im normalen Zeitablauf mit eher alltäglichen Dingen und das 'Dolce Vita' war bloße Erinnerung. Nachdem ich vor allem in der landwirtschaftlichen Sektion alles überprüft hatte (es lief auch ohne mich alles erwartungsgemäß optimal) widmete ich mich den Dokumentationen meiner letzten Reisen. Da war vieles noch zu tun, denn oft hatte ich meine gewonnenen Erkenntnisse nur für eine spätere Auswertung gespeichert. Jetzt warteten diese Rohdaten darauf analysiert und bewertet zu werden.
Zwischendurch flogen Milly und ich zur hiesigen Raumstation, um mich mit den Bekannten dort
zu unterhalten und mich im Gespräch mit anderen Besuchern der Station auch in interstellaren Dingen auf dem Laufenden zu halten. Einige der Händler zwischen den Sternen berichteten von zunehmenden Schwierigkeiten in ihrem Geschäft. Grund dafür war wohl die vermehrte Einflussnahme einer neuen politischen Macht, die sich Sternenunion nannte. Nun, ich war ein Forscher und Entdecker und an Politik wenig interessiert.
Auch die Weltraumanomalie besuchten wir. Hier trafen sich Reisende aus allen Ecken der Galaxis und es herrschte, wie immer, eine hohe Betriebsamkeit. Von einem Balkon aus schaute ich eine zeitlang der Ankunft und Abreise unterschiedlichster Wesen zu, um dann das Ausstattungszentrum aufzusuchen. Hier boten verschiedene Händler Technologien und Upgrades an. Ich vergewisserte mich, ob ich in allen Bereichen auf dem aktuellen Stand der Möglichkeiten war. Zufrieden mit dem Ergebnis schlendete ich noch durch das Handelszentrum und unterhielt mich dort ein wenig mit der Iteration Helios, der ich besonders große Sympathie entgegen brachte.
Wieder in Fielde Hanis war schnell wieder unser Ferienplanet das Gesprächsthema.
Eusiena Alpha ließ uns noch nicht los und Milly führte mir ein wichtiges Detail vor Augen:
„Abgesehen von dem Teil des Landes, in dem wir das Ferienhaus gebaut haben, wissen wir nicht viel von dieser Welt.“
„Ja, das stimmt. Wir kennen zwar einige Tiere und Pflanzen in der Region und wissen auch, dass dort global ein angenehmes Klima herrscht, aber im Grunde wissen wir nicht viel von dem Planeten.“
Milly betrachtete interessiert das kleine Wesen in dem Terrarium in der Mitte des großen Wohnraums. „Wir könnten das ändern“, meinte sie fast beiläufig.
Das Einfühlungsvermögen der KI verblüffte mich immer wieder. Sie sah mich sicher als eher unvollkommene biologische Einheit und brachte mich auf geschickte Weise dazu meine verborgensten Wünsche zu erkennen.
Nach unserer Rückkehr in den Alltag hatte ich versucht, mich durch Arbeit und kleine Stippvisiten abzulenken. Aber der Entdecker in mir war unzufrieden mit der Situation. Die Aktion Ferienhaus war noch nicht abgeschlossen. Ich musste Eusiena Alpha richtig entdecken.
Jetzt, wo ich das erkannte, war mein Entschluss gefasst.
„Du hast völlig Recht, Milly. Morgen brechen wir auf und holen das nach.“
„Bereit, wenn du es bist“
Einen kurzen Moment lang hatte ich geglaubt, ein fast spitzbübisches Grinsen auf ihrem Gesicht gesehen zu haben. Aber da hatte ich mich wohl getäuscht.
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