Einleitung – Wenn Ahnung zur Gewissheit wird
Welcher Gott hat diese Welt geschaffen? Eine Welt, in der schon zu Beginn der Zufall entscheidet, ob man später seinen Weg mit Waffengewalt und Zerstörung oder mit der andauernden Suche nach Schönheit macht.
Ich gehöre zu den Bevorzugten des Schicksals. Vor einer langen Zeit erwachte ich in einer Umgebung, die sich mir freundlich zeigte, etwas gebirgig vielleicht, aber durch und durch schön. Ich wäre damals im ersten Augenblick nie auf die Idee gekommen, dass ich diesen Ort nicht nur recht bald wieder verlassen würde, sondern am Ende sogar vergessen. Die Welt meinte es einfach nur gut. Sie schenkte mir aber keine Erinnerungen, von denen ich heute sagen würde, dass sie mir gehören und ganz und gar unteilbar sind. Heute weiß ich, dass ich diesen Planeten meines Erwachens sogar hätte benennen können.
Ich fange heute an, meine Geschichte aufzuschreiben, weil ich immer häufiger an die Anfänge zurückdenken muss und weil ich immer häufiger eine große Furcht davor spüre, all das, was mir widerfahren ist, wieder zu vergessen. Und ich will mit dem wichtigsten Augenblick anfangen, an dem alles begann und der alles in Frage stellte, was mir bis dahin selbstverständlich erschien. Es war ein Augenblick, in dem eine Ahnung erstmals zum Gedanken wurde; eine Ahnung, die mich lange schon begleitete und mich eines Tages zu einem Entschluss geführt hatte.
Diese Ahnung begleitete mich lange schon als ein vages und noch unartikuliertes Wissen um die begrenzte Größe meiner Welt. Ich bewegte mich zwar System um System, Planeten um Planeten durch dieses unüberschaubare Universum und genoss alles, was sich jede erdenkliche Lebensform wünschte: totale Bewegungsfreiheit, Sicherheit, Reichtum, Wissen und Erfahrung und vieles mehr. Und doch erschien es mir mit jeder Begegnung und Entdeckung auch wieder entsetzlich klein. Es ist schwer zu beschreiben, worin diese Kleinheit bestand. Aber sie ergab sich daraus, dass nichts passierte, was mich selbst dem Weltall gegenüber klein erscheinen und mich als gering begreifen ließ. Ich steuerte einen beliebigen Planeten an und wusste, nachdem ich ihn gescannt hatte, stets und sofort, was mich dort erwartete. Ich stieg in unendlich verzweigte Höhlen hinab und kannte einen Großteil der Organismen, die dort lebten. Verlaufen konnte ich mich auch nicht, denn an jedem denkbaren Ort konnte ich mich nach oben schießen in die … Freiheit und mein unkaputtbarer Scanner wusste, in welche Richtung ich gehen musste, um mein Raumschiff wiederzufinden.
Ich könnte Stunden so weiterschreiben und käme immer wieder zu dem Ergebnis: Ich lebte in einer engen Welt, die mir ihre Weite und ihren Reichtum nur vorzuspielen schien. Sie legte Erscheinungen und Spuren, sie gab Hinweise und öffnete Wege und oftmals genau dann, wenn ich das Gefühl hatte, eine Art Gefangener zu sein.
Beklagte ich mich je? So mancher würde mich beglückwünscht haben und betont, dass ich doch eigentlich im Paradies lebte. Aber was für ein Paradies ist ein Paradies, an dem man permanent das Gefühl hat, dass jeder Fortschritt einen eigentlich wieder auf einen Anfang zurückwirft?
Und damit bin ich beim eigentlichen Thema meiner Ahnung angelangt: Ich wurde das Gefühl nicht los, dass ich nicht wirklich in diese Welt gehörte und in ihr eher etwas wie ein gerne gesehener Gast war, dem man alle erdenklichen Ablenkungen vor die Sinne stellte, um nur eines zu bewirken: Er sollte nie die Frage stellen, woher er kommt, geschweige denn, wer er ist. Und in der Tat. Ich weiß eigentlich bis heute nicht recht, was ich im Verhältnis zu all den unterhaltenden Spezies bin, denen man am laufenden Band begegnet; auch wenn mir inzwischen einiges sehr viel klarer ist. Doch davon später mehr.
Fortsetzung folgt ...